Willst du wissen wie ich 2024 den Alltag meistere mit meiner Behinderung? Hier findest du ein paar ganz alltägliche Situationen – Dinge, über die sich viele vielleicht gar keine Gedanken machen, weil sie selbstverständlich erscheinen.
Es sind Tätigkeiten, die jeder Mensch erledigen muss. Genau deshalb schäme ich mich auch nicht, offen darüber zu sprechen – selbst wenn es manchmal um heikle oder persönliche Themen geht.

Was ich dir vorab noch sagen möchte:
Ich bin mir bewusst, dass es viele Hilfsmittel gibt, die mir den Alltag erleichtern könnten – und ich bin dankbar, dass solche Möglichkeiten existieren.
Aber vielleicht lohnt es sich, kurz innezuhalten und darüber nachzudenken: Wenn ich gewisse Bewegungen nicht mehr selbst ausführe, trainiere ich automatisch auch die dafür nötigen Muskeln nicht mehr.
In der Physiotherapie bemühen wir uns, gezielt an den richtigen Muskelgruppen zu arbeiten. Doch oft spüre ich die Belastung nicht dort, wo sie eigentlich wirken sollte, sondern an ganz anderen Stellen. Das macht es schwierig, gezielt und effektiv zu trainieren.
Deshalb kann ich nicht jedes Hilfsmittel uneingeschränkt nutzen – oder zumindest nicht alle gleichzeitig. Ich versuche, die Balance zu finden: zwischen Unterstützung und Aktivität, zwischen Schonung und Training. Damit mein Körper so lange wie möglich in Bewegung bleibt.

Sich im Bett bewegen.
Meine Behinderung begleitet mich auch während der Nacht. Besonders das Drehen im Bett fällt mir manchmal sehr schwer – und das hängt oft von der Matratze ab. Ob ich lange Hosen trage oder nicht, macht dabei einen großen Unterschied. Ohne lange Hose bin ich deutlich beweglicher, weil kein Stoff auf Stoff reibt und ich meine Beine besser auf der Matratze verschieben kann.
Wie ihr im Video unten sehen könnt, gelingt mir das Drehen auf die eine Seite besser als auf die andere. Die Matratze ist inzwischen schon recht stark eingedrückt, auch wenn ich die Unterlage regelmäßig drehe.
Um das Aufstehen zu erleichtern, habe ich an der Bettkante ein Tuch untergelegt.
Nur auf dem Rücken zu schlafen ist für mich oft schwierig, da mein Rücken sonst schmerzt.
Zum Aufsitzen im Bett habe ich zwei Varianten – allerdings ist das Drehen oder Aufsetzen auf die linke Seite besonders eingeschränkt, wenn jemand anderes noch im Bett liegt.

Vom Bett aufstehen.
Manchmal frage ich mich in der Nacht: Muss ich wirklich jetzt aufstehen? Oder kann ich es noch bis zum Morgen aushalten, ohne schon vor dem Aufstehen zur Toilette zu müssen?
Wenn ich aufstehen muss, stelle ich mir zuerst einige wichtige Fragen: Sind meine Hände schon wach genug? Oder sind sie noch zu schwach oder zu rutschig, um mich beim Abstützen am Oberschenkel zu halten? Habe ich genügend Platz im Bett und genug Kraft, um mich aufzurichten?
Wenn die Antwort „Ja“ lautet, geht es Schritt für Schritt:
Zuerst richte ich mich mit Mühe so auf, dass ich auf dem Bett sitze. Am besten setze ich mich etwas weiter zum Fußende hin, da die Matratze dort noch etwas fester ist und ich besseren Halt zum Sitzen und Aufstehen habe.
Dann achte ich darauf, dass ich mit der rechten Hand sicher am Oberschenkel Halt finde, um mich später beim Aufstehen abstützen zu können. Die andere Hand stützt sich am Bettrand ab.
Die Beine stelle ich etwas weiter auseinander, um mehr Stabilität zu gewinnen. Dann richte ich den Oberkörper auf und versuche, das Gleichgewicht zu halten.
Wichtig ist, dass ich mein Gleichgewicht halte und die Beine zusammenbringe, damit ich danach sicher loslaufen kann. Oft halte ich mich noch am Leintuch fest, wenn ich loslaufe zur Tür.
Falls ich sehr dringend zur Toilette muss, konzentriere ich mich besonders darauf, den Schließmuskel nicht ungewollt zu öffnen.

Auf das WC gehen. Muss ich wirklich jetzt schon auf die Toilette – oder kann ich es noch halten?
Das Hinsetzen auf die Toilette ist für mich zu Hause meist kein Problem.
Das „kleine Geschäft“ erledige ich problemlos. Beim „großen Geschäft“ jedoch wird es manchmal schwierig, das Gesäß sauber abzuwischen – je nachdem, wie beweglich mein Arm und Oberkörper gerade sind.

Dann beginnt das Aufstehen:
Bin ich bereit, mich mit der Hand am Oberschenkel abzustützen? Mit einem Schwung erhebe ich mich, die rechte Hand findet Halt auf dem rechten Oberschenkel. Die linke Hand stützt sich zuerst auf den Toilettenring und dann an der Wand ab.
Kann ich meinen Oberkörper nicht aufrichten – vielleicht weil der Toilettenring nass oder cremig ist –, heißt es: Hände auf den Boden, das Gesäss anheben, mich langsam drehen und die Füsse mit langsamen Drehbewegungen bewegen.
Aus dieser Position kann ich die Toilettenschüssel nicht schließen. Daher stütze ich meinen Oberkörper gebückt mit den Händen auf dem Toilettenring ab und richte mich vorsichtig auf. Dabei helfen mir die Hände, die ich am Toilettendeckel oder an der Wand abstütze.
Wichtig bei der gesamten Aufstehprozedur ist, darauf zu achten, dass die Hose oder Unterwäsche nicht heruntergerutscht und auf dem Boden liegt. Falls ja, muss ich mich wieder bücken, das Gleichgewicht halten und die Kleidung hochziehen.
Zum Schluss werfe ich einen Blick zurück auf die Toilettenbrille, um sicherzugehen, dass keine Resttropfen von Urin beim Aufstehen zurückgeblieben sind.

Nach dem Händewaschen ist diese zweite Tagesprozedur abgeschlossen.

Duschen. Da ich nicht barfuss auf dem nassen Boden stehen kann, trage ich beim Duschen Crocs, die ich leicht anziehen kann. Das Duschen klappt noch gut, und ich bin für das Nötigste noch ausreichend beweglich – dabei stütze ich mich mit einer Hand an der Wand ab.
Ausserhalb der Dusche gehe ich ohne Crocs. Wenn der Boden zu nass oder feucht ist, lege ich zuerst mein Badetuch auf den Boden, damit ich meine Füße richtig abtrocknen kann – ein Teppichvorleger reicht hier leider nicht aus.
Zum Abtrocknen stelle ich meine Füße nacheinander auf die Toilettenbrille und halte dabei das Gleichgewicht.
Die Haare zu föhnen funktioniert noch, wird aber zunehmend schwieriger, da es mir immer schwerer fällt, die Arme über den Kopf zu heben.

Endlich Kaffee 🙂 Kein Problem, wenn mir nichts auf den Boden fällt 🙂

Anziehen.
Mein Oberkörper bereitet mir keine Probleme. Den BH schließe ich vorne und drehe den Verschluss anschließend nach hinten. Dabei ist es wichtig, dass mein Rücken nicht zu nass ist, denn sonst wird das Anziehen deutlich mühsamer.
Meine Socken ziehe ich im Sitzen auf dem Bett an. Dafür hebe ich ein Bein nach dem anderen auf das andere Bein, um sie leichter überziehen zu können. Am besten eignen sich für mich kleine Socken – die lassen sich am besten anziehen.

Auch die Hose ziehe ich meistens im Sitzen auf dem Bett an. Manchmal reicht mein Gleichgewicht nicht aus, im Stehen das Bein direkt in die Hose zu bekommen, vor allem wenn es nicht gleich auf Anhieb klappt.
Das Aufstehen vom Bett habe ich bereits beschrieben. Dabei ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass die Hose weit genug heruntergerutscht ist, sodass ich mich mit dem nackten Oberschenkel abstützen kann. Ansonsten rutscht die Hose mit, und ich habe keinen sicheren Halt.
Auch bei den Socken ist Vorsicht geboten: Sie dürfen nicht zu rutschig sein, damit ich beim Stehen sicheren Halt auf dem Boden habe.

So viel Text – und das nur für vier ganz alltägliche Dinge, die du fast mühelos und ohne gross nachzudenken erledigst.

Doch gerade unterwegs werden diese einfachen Handlungen oft noch viel schwieriger und umständlicher. Schon im Vorfeld überlege ich mir genau: Wohin gehe ich heute? Wo finde ich Toilettenmöglichkeiten?
Mein Trinkverhalten passe ich automatisch an, damit ich möglichst selten auf die Toilette muss. (Ich weiss, ist nicht Gesund)

Kochen.
Alles läuft bei mir grundsätzlich ganz normal – nur eben langsamer. Zum Beispiel brauche ich mehr Zeit, um Wasser abzuschütten oder Obst und Gemüse zu schneiden.
Beim Schneiden geht es bei mir nicht so einfach und schnell wie bei anderen, weil ich in den Händen weniger Kraft habe und grosse Messer schwer zu handhaben sind.
Auch das Abwaschen und Ein- oder Ausräumen der Spülmaschine funktioniert – allerdings mit mehr Aufwand, besonders wenn ich mich dafür bücken muss.

Das Reinigen der Spülmaschine überlasse ich meist jemand anderem oder benutze eine Greifzange, um Besteck vom Boden herauszuholen. Oder ich nehme den Rollstuhl in die Wohnung, dass ich das Innere im Spülmaschine putzen kann.

Vom Boden etwas aufheben.
Entweder greife ich mit der Greifzange bis auf den Boden, um Dinge aufzuheben.
Gelingt das nicht, bringe ich das Objekt mit den Füssen in die Nähe eines Stuhls, der Toilette oder des Sofas, damit ich mich dort sicher bücken und mit Unterstützung wieder aufrichten kann.
Bei schwereren Gegenständen, die ich dennoch bewegen kann, setze ich mich hin und hebe sie über meinen Schoss oder eine andere Erhöhung hoch.

Seit ich die Greifzange benutze, habe ich jedoch das Gefühl, dass meine Fähigkeit, mich zu bücken und wieder aufzurichten, nachlässt.
Genau das meine ich, wenn ich sage, dass Hilfsmittel zwar helfen – aber auch dazu führen können, dass ich manche Tätigkeiten weniger gut oder nicht mehr so selbstständig erledigen kann.

Einkaufen.
Bevor ich einkaufen gehe, überlege ich zuerst, ob ich einen grossen oder kleinen Einkauf machen möchte und in welchem Geschäft es am besten klappt – mit oder ohne Rollstuhl.

Mit dem Rollstuhl ist die Migros in Sursee ideal für mich, da es dort spezielle Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer gibt. So kann ich problemlos mehr einkaufen und alles gut verstauen.
In kleineren Migros-Filialen muss ich meist stehend einkaufen, weil die Körbchen zu klein sind und ich die Einkäufe nicht gut transportieren kann.
Wenn ich an Produkte nicht herankomme oder sie zu schwer sind, frage ich meistens jemanden um Hilfe – die meisten Menschen helfen gerne.
Der Einkaufswagen darf allerdings nicht zu schwer beladen sein, sonst fällt es mir schwer, ihn durch die Gänge zu lenken. Am einfachsten ist es, direkt mit dem Scanner einzukaufen, denn so entfällt das lästige Auf- und Umpacken am Förderband. Deshalb meide ich oft Läden, in denen das nicht möglich ist.

Beim Verladen ins Auto dürfen die Taschen nicht zu schwer sein. Je nachdem, wie der Einkaufswagen gestaltet ist – besonders, wenn die Ablagen nicht zu tief sind – geht das leichter.
Kann ich eine Tasche nicht hochheben, packe ich sie zuerst aus, stelle die leere Tasche ins Auto und befülle sie dort wieder.

Am liebsten gehe ich einkaufen, wenn der Behindertenparkplatz frei und nahe am Eingang ist, der Boden eben ist und der Einkaufswagen in der Nähe steht – leider keine Selbstverständlichkeit.
Zuhause nutze ich meinen Rollator, auf dem ich die Taschen transportiere, um sie in die Wohnung zu bringen.

Welche Alltagsaufgabe interessiert dich noch? Worüber möchtest du gern mehr erfahren, wie ich sie bewältige?
Schreib mir doch einfach eine E-Mail info@ichbinich.blog.

Variante 2
Vom WC aufstehen
Vom Bett aufstehen. Wenn es nicht auf anhieb klappt.
Variante 1
Vom WC aufstehen
Etwas vom Boden aufheben
Variante 1
Vom Sofa aufstehen
Variante 2
Vom Sofa aufstehen
Rollator als Einkaufs-transporter
Rollator hinter den Kofferraum und die Tasche darauf ziehen

Sich im Bett bewegen. Manchmal gelingt es besser, manchmal nicht