Mein Notendurchschnitt war so gut, dass ich in die Sekundarstufe B aufgenommen wurde. In unserer Klasse waren wir vier Mädchen und zehn Jungs – darunter auch mein Bruder. Zum Glück handelte es sich um eine Mischklasse mit weiteren sieben Mädchen aus der Sekundarstufe A.
Die Oberstufe hat mir insgesamt gut gefallen. Ich hatte meine drei Kolleginnen – auch wenn ich von anderen immer noch gehänselt wurde.
Mit den drei anderen Mädchen aus der B-Stufe habe ich viel unternommen. Für sie spielte meine Behinderung keine Rolle – sie kannten und akzeptierten mich genau so, wie ich bin.
Klar, manches dauerte bei mir einfach etwas länger. Aber sie hielten zu mir – und das bedeutete mir sehr viel.
Besonderes Erlebnis: Das Klassenlager
Im Klassenlager hatten wir vier Mädchen einen ganzen 10er-Schlag für uns allein. Janine und Sara waren oft bei den anderen Schülern unterwegs, während Nadja und ich meist allein blieben. Nadja war in dieser Woche krank und hielt sich fast nur im Zimmer auf. Einmal musste sie sogar ins Spital gebracht werden, um einige Abklärungen zu machen – zum Glück stellte sich heraus, dass es nur eine leichte Grippe war.
Für mich war diese Woche psychisch sehr schwer. Ich fühlte mich verlassen und einsam. Ich hatte das Gefühl, von Nadja im Stich gelassen zu werden (auch wenn sie ja nichts dafür konnte), aber auch von Sara und Janine, die sich mehr mit den anderen beschäftigten.
Eines Abends war ich so verzweifelt, dass ich vor Saras damaligem Schulfreund jammerte und sagte, es wäre für alle einfacher ohne mich. Ich erzählte, dass ich „nur von einer Brücke springen“ oder „unter dem Kissen bleiben und ersticken“ müsste – dann hätten sie mich los.
Sie redeten beruhigend auf mich ein, sagten mir, dass ich nicht so denken solle und dass sie mich mögen. Sie erklärten, dass wir einfach nicht dieselben Interessen hätten und dass sicher wieder eine bessere Zeit komme.
In Wahrheit wollte ich mir nichts antun – ich war einfach verletzt, traurig und suchte Aufmerksamkeit. Diese Zuwendung hat mir in dem Moment gutgetan.
Schon am nächsten Tag war alles wieder vergessen, und wir verbrachten einen schönen Tag im Tessin. Ich durfte mit den anderen dabei sein und fühlte mich wohl in der Gruppe. Trotzdem war ich erleichtert, als das Klassenlager schließlich vorbei war.
Im Nachhinein bin ich stolz auf mich, dass ich im Turnunterricht immer mitgemacht habe – egal wie schwierig es manchmal war.
Im Zeugnis stand fairerweise einfach nur „Besucht“. Wenn ich gewisse Übungen nicht wie die anderen ausführen konnte, suchte ich nach Alternativen oder ging in meinem eigenen Tempo joggen.
Einige meiner Klassenkamerad:innen zeigten Verständnis dafür – andere leider weniger.
Trotzdem habe ich nie aufgegeben. Und genau darauf bin ich heute besonders stolz.
Ich weiss nicht mehr in welcher Klasse es war, doch ich lief einmal beim «schnellste Neunkircher» mit. Ich verlor natürlich hoch aus, aber in diesem Moment war dies mir egal. Ich durfte mitmachen und ich habe mitgemacht.
